Projekt

Um die Förderung der Mobilität im Alter zu ermöglichen, besteht dieses Projekt aus einem extrem interdisziplinären Konsortium. Nur diese Zusammensetzung erlaubt es uns, die komplette Bandbreite der notwendigen Forschungen zur Einführung der digitalen Technologien und Assistenzsysteme durchzuführen. Diese Forschungen reichen von der Grundlagenforschung in den Bereichen der Biomechanik, Mathematik oder Psychologie über die konkrete Technologieentwicklung und technische Evaluierung, bis hin zu den psychologischen, ethischen, rechtlichen, und sozialen Aspekten der entwickelten Technologien.

Das Arbeitsprogramm dieses Projektes gliedert sich methodisch in drei Teile:

  • Grundlagenteil A, in dem fundamentales Wissen als Voraussetzung für die Entwicklung von intelligenten Systeme erworben wird und grundlegende Algorithmen entwickelt werden
  • Anwendungsteil B, in dem konkrete digitale Technologien und technische Assistenzsysteme für unterschiedliche Gruppen von älteren Menschen entwickelt und technisch evaluiert werden
  • Querschnittthemen Q, die der interdisziplinären Validierung und Vorbereitung des gesellschaftlichen Einsatzes / der gesellschaftlichen Akzeptanz von digitalen Technologien und Robotik Systemen dienen (psychologische, ethische, rechtliche, soziale, pflegerische und politische Aspekte)

Grundlagenteil A:

  • A1: In diesem Teilbereich wird ein fundiertes Verständnis der Bewegungsfähigkeiten älterer Menschen geschaffen. Dafür werden Studien durchgeführt, in denen wir an der koordinierten Bewegung des ganzen Körpers interessiert sind, d.h. wir analysieren die Bewegungen der Gelenke zwischen allen bewegungsrelevanten Segmenten – ein Ansatz, wie er in der Biomechanik üblich, aber in der Geriatrie noch nicht so verbreitet ist.
  • A2: Auf der Basis der in A1 gewonnenen Erkenntnisse müssen Algorithmen entwickelt werden, die eine zielführende Interaktion des Benutzers mit der digitalen Technologie (d.h. dem Assistenzsystem/-roboter oder dem Spiel / der virtuellen Realität) erlauben
  • A3: Mobilität ist nicht nur eine Frage der Motorik, sondern auch der Entscheidungen und Planung. Bei jungen Menschen läuft dies absolut automatisch, bei älteren müssen diese Entscheidungen teilweise aktiv getroffen werden. Dieser Teil befasst sich mit genau diesem Thema und untersucht in welcher Weise Assistenzsysteme am sinnvollsten eingesetzt werden können, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.

Anwendungsteil B:

  • B1: Das Ziel dieses Teilprojekt ist es, einen externen Mobilitätsassistenzroboter – oder auch Roboter-Rollator – für alte Menschen zu entwickeln. Er besteht aus einer rollenden Plattform und einem beweglichen Aufbau mit Handgriffen, an dem der Benutzer sich festhalten kann.
  • B2: In diesem Bereich soll zur Unterstützung der Kraft, der Verbesserung der Stabilität & der Verhinderung von Stürzen bei alltäglichen Bewegungen ein existierendes Exoskelett angepasst werden, um die speziellen Bedürfnisse älterer Menschen zu erfüllen.
  • B3: Ziel dieses Teilbereichs ist die Entwicklung eines „Exosuits Light“ oder einer Orthese, die es älteren Menschen mit einer noch recht hohen Mobilität (Frailty Level 3, „managing well“) erlaubt, trotz einiger Mobilitätseinschränkungen ihren präferierten Sport bis ins hohe Alter weiter betreiben können.
  • B4: In diesem Teilprojekt werden die Auswirkungen von Alterssimulationsanzügen auf Bewegungsparameter und subjektive Altersbilder untersucht. Trotz des wachsenden Interesses (z.B. in der Automobilbranche oder als Trainingsmöglichkeit im Pflegekontext) besteht noch großer Forschungsbedarf bezüglich der Potentiale und Grenzen solcher Alterssimulationsanzüge.
  • B5: Ziel dieses Teilbereichs ist es, Exergames (exercise games) zur Prävention / Rehabilitation relevanter kognitiver und funktioneller Leistungen im Alter und damit zum Erhalt / der Steigerung der Mobilität weiterzuentwickeln. Als neuen Aspekt in der Spiele-Entwicklung wird in diesem Projekt angestrebt, vorhandene Datenströme aus der Spielsteuerung zum Trainings-Assessment zu nutzen, die die spezifischen Anforderungen des jeweiligen
    Spieltrainings passgenau abbilden.
  • B6: Sowohl zum Zweck der individuellen Diagnostik (welche Mobilitätsentscheidungen trifft eine Person) als auch zum Zweck der Erfassung von Trainingseffekten braucht man Messinstrumente, die den Status wie auch die mögliche trainingsbedingte Veränderung der Mobilitätsentscheidungen anzeigen. In der modernen Entscheidungsforschung verwendet man hierzu inzwischen computerbasierte Messinstrumente, in denen virtuelle Umwelten in spielerischer Form geschaffen werden, in denen die Testanden Entscheidungen treffen müssen.

Querschnittsprojekte Q:

  • Q1: Ziel dieses Projekts ist es, Machbarkeits- und Implementierungsforschung für ausgewählte Technologien in verschiedenen HeiAge-Teilprojekten zu kombinieren. Das Projekt zielt darauf ab, die Akzeptanz von mobilitätsunterstützenden Technologien bei älteren Menschen und weiteren Stakeholdern zu erhöhen und die Wahrscheinlichkeit zu maximieren, dass die in HeiAge entwickelten mobilitätsunterstützenden Technologien (Smart Rollator, Exoskelett, Exosuit) im Lebensalltag älterer Menschen eingesetzt werden. Die Beteiligung potenzieller Nutzer der Technologien in der Forschung wird durch den User Centered Design (UCD)-Ansatz realisiert, bei dem die Nutzer durch ihre Präferenzen direkt und entscheidend Einfluss auf Technikentwicklung nehmen. Die Ergebnisse tragen dazu bei, besser zu verstehen, warum bestimmte Technologien eine höhere Akzeptanz erfahren als andere. Das Projekt trägt damit zum übergeordneten Ziel von HeiAge bei, die Mobilität älterer Menschen zu erhalten und wiederherzustellen und so die Autonomie, Selbstwirksamkeit, soziale Teilhabe und Wohlbefinden im höheren Alter zu fördern.
  • Q2: Die Einführung technischer Assistenz, vor allem in jenen Fällen, in denen diese der Nutzerin bzw. den Nutzer in einzelnen Situationen Entscheidungen abnimmt und stellvertretend für diese handelt, wirft ethische Fragen auf. Diese Fragen werden in diesem Teilgebiet behandelt.
  • Q3: In juristischer Perspektive möchte das Projekt zwei Forschungsfragen nachgehen:
    1. Durch den Einsatz intelligenter Assistenzsysteme können beim Nutzer verschiedenste Daten – u.a. über sein Bewegungsverhalten – ermittelt werden. Zu den grundlegenden Fragestellungen des Projekts gehört es, welche Daten von Interesse sind, und wie sie ermittelt werden können und sollen.
    2. Beim Einsatz intelligenter Assistenzsysteme, die „autonom“ Bewegungsentscheidungen treffen, stellt sich zudem die Frage der Verantwortungszurechnung im Schadensfall. Dieser soll – zunächst fokussiert auf die Strafrechtliche Perspektive – ebenfalls nachgegangen werden.