Psychologie des Alterns

Im HeiAge-Projekt werden neue Technologien zur Unterstützung der Mobilität im Alter entwickelt und validiert. Dafür ist ein Verständnis der psychologischen ASpekte von Mobilität und Mobilitätsentscheidungen im hohen Alter notwendig. Durch ein solches können die Entscheidungen älterer Menschen in Bezug auf Mobilitätshilfen besser nachvollzogen werden. In den Teilprojekten B4, A3/B6 und Q1 wird diese Thematik aus gerontologischer, psychologischer und soziologischer Perspektive beleuchtet.

Mit dem Alter verändern sich nicht nur physische Parameter, wie Gehgeschwindigkeit oder Beweglichkeit, sondern auch psychologische Dimensionen wie Kognition, Motivation und Emotion. Diese psychologischen Veränderungen können sich ebenso auf die Erfahrung von Mobilität im Alltag auswirken wie physische Veränderungen; sei es direkt durch psychologisch bedingte Veränderungen der Motorik oder indirekt, etwa durch Veränderungen in der Akzeptanz von (mobilitätsbezogener) Technik, durch Angst, dem Stereotyp der mobilitätseingeschränkten älteren Person zu entsprechen, oder durch unangemessene Vorstellungen bezüglich der eigenen Fähigkeiten.

Alterssimulation

Das Teilprojekt „B4 – Alterssimulation“ hat zum Ziel, die biomechanischen Effekte und den psychologischen Einfluss eines Alterssimulationsanzuges zu überprüfen und zu bewerten. Die Anzüge beeinträchtigen die koordinativen und visuellen Fähigkeiten des Probanden durch zusätzliche Gewichte, Bandagen und eine angepasste Brille, um altersbedingte Einschränkungen zu simulieren. Unser Ziel ist es, die Einstellungen zum eigenen Altern, die Altersstereotypen, das Erleben der körperlichen Einschränkungen und das subjektive Alter zu erforschen. Diese Ergebnisse möchten wir nutzen, um Empfehlungen zur Verbesserung der Validität der Simulation, aber auch zur Bedeutsamkeit der Reflektion eines negativen Altersbildes, zu identifizieren.

Hierfür werden wir standardisierte, alltägliche Bewegungsaufgaben aus der Geriatrie nutzen, kombiniert mit etablierten Fragebögen zur Erfassung des eigenen Alterns und Altersstereotypen. Die Bewegungen werden in einem Bewegungsanalyselabor aufgezeichnet und die Erfahrungen vor und nach dem Tragen des Alterssimulationsanzuges verglichen. Bei einer positiven Evaluation der ursprünglichen oder modifizierten Varianten der Alterssimulationsergebnisse haben die Erkenntnisse das Potenzial, indirekt zur Entwicklung intelligenter Assistenzsysteme für den Einsatz im Alter beizutragen.

Entscheidungen im Zusammenhang mit Mobilität

Im Teilprojekt A3/B6 „Psychologische Grundlagen mobilitätsbezogener Entscheidungen und Informationsverarbeitung“ sollen zwei grundlegende Ziele verfolgt werden: zum einen sind wir am Zusammenspiel zwischen kognitiven und physischen Faktoren interessiert und haben zum Ziel, den sofortigen Einfluss einer Mobilitäts-/Bewegungseinschränkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit zu untersuchen. Hierbei nehmen wir an, dass sich eine Mobilitätseinschränkung direkt auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirkt, welche wiederum die Fähigkeit beeinflusst, kompensatorische Strategien, die der Aufrechterhaltung des Wohlbefindens dienen, zu nutzen. Weiterhin möchten wir testen, ob Altersstereotype einen Einfluss bezüglich des Effekts der Mobilitätsrestriktion auf die kognitive Leistungsfähigkeit haben. Unsere Studie soll die Vorteile digitaler Assistenzsysteme zur Aufrechterhaltung der kognitiven Leistung im höheren Alter aufzeigen.

Zum anderen möchten wir untersuchen, ob Mobilität auch durch psychologische Grundmotive bestimmt wird. Die bereits bestehenden Grundmotive in Bezug auf Leistung, Macht und Anschluss können implizit mithilfe des Multi-Motiv-Gitters erfasst werden (MMG; Sokolowski, Schmalt, Langens, & Puca, 2000). Ein Problem besteht jedoch darin, dass die dort dargestellten Situationen keine repräsentativen und alltäglichen Mobilitätssituationen darstellen. Daher haben wir uns zum Ziel gemacht, ein Multi-Motiv-Gitter für Mobilitätssituationen (MMG-M) zu entwickeln. Dieses soll es möglich machen, zu testen, ob sich die bereits existierende Motive bezüglich Leistung, Macht und Anschluss intrapersonell zwischen mobilitätsrelevanten und nicht-mobilitätsrelevanten Situationen sowie zwischen Personen verschiedenen Alters und körperlichen Einschränkungen unterscheiden.

Digitaler Technologien zur Unterstützung der Mobilität

Das Teilprojekt Q1 „Chancen und Herausforderungen digitaler Technologien zur Unterstützung der Mobilität älterer Menschen unter Verwendung eines nutzerzentrierten Design-Ansatzes“ ist eins von drei Querschnittsprojekten in HeiAge. Im Projekt werden Machbarkeitsstudien für ausgewählte Technologien in verschiedenen HeiAge-Teilprojekten durchgeführt und mit Methoden der Implementierungsforschung kombiniert. Das Projekt zielt darauf ab, die Akzeptanz von mobilitätsunterstützenden Technologien bei älteren Menschen und weiteren Stakeholdern zu erhöhen und die Wahrscheinlichkeit zu maximieren, dass die in HeiAge entwickelten Technologien (Smart Rollator, Exoskeleton, Exosuit) im Lebensalltag älterer Menschen eingesetzt werden.

Die Beteiligung potenzieller Nutzer der Technologien in der Forschung wird durch den User-Centered Design (UCD)-Ansatz realisiert, bei dem die Nutzer durch ihre Präferenzen direkt und entscheidend Einfluss auf Technikentwicklung nehmen. Die Ergebnisse tragen dazu bei, besser zu verstehen, warum bestimmte Technologien eher akzeptiert und angenommen werden als andere. Im Sinne eines Mixed-Methods Ansatzes werden quantitative (d.h. Online-Befragung und schriftliche Befragung) und qualitative (d.h. Fokusgruppen) Methoden miteinander kombiniert. Das Projekt trägt damit zum übergeordneten Ziel von HeiAge bei, die Mobilität älterer Menschen zu erhalten und wiederherzustellen und so die Autonomie, Selbstwirksamkeit, soziale Teilhabe und Wohlbefinden im höheren Alter zu fördern.